Klangbeispiel:
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MVB 89: Jacques Hotteterre: „Echos“

Hotteterres ŒUVRE SECOND besteht aus 5 Suiten für eine Traversflöte mit Basso continuo, 2 Sätzen für 2 Flöten mit Bass sowie dem „ECHOS“ für Flöte solo. Unsere Ausgabe des „ECHOS“ gibt den im sog. französischen Violinschlüssel (g' auf der untersten Notenlinie) stehenden Originaltext von 1708 im heute geläufigen Violinschlüssel und nach Hotteterres Anweisung für das Spiel auf der Blockflöte um eine kleine Terz von G-Dur nach B-Dur nach oben transponiert unverändert wieder. Der Spieler, der seine eigenen Echos spielt, wird bei den dynamischen Unterschieden für eine möglichst saubere Intonation auf der Blockflöte mit Hilfsgriffen arbeiten müssen. So wird aus dem mittelschweren Notentext schnell ein schweres aber herrliches Bravour-Stück für die Blockflöte. Abgedruckt und erläutert ist auch Hotteterres Verzierungstabelle. Ein komplettes Faksimile des ganzen Satzes liegt der Ausgabe ebenso bei.
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Nachwort

Jacques Hotteterre le Romain
ECHOS. Pour la Flûte traversiere seule.
aus „PIECES / POUR LA FLUTE / TRAVERSIERE, / ... / LIVRE PREMIER. / ŒUVRE SECOND.
Unsere Ausgabe folgt der als Faksimile beigelegten ersten Ausgabe von 1708, die in der British Library, London unter der Nummer K.5.B.1 aufbewahrt wird. Von 1715 existiert ein „ŒUVRE SECOND. NOUVELLE EDITION“ mit sehr geringfügigen Abweichungen. Hotteterres ŒUVRE SECOND besteht aus 5 Suiten für eine Traversflöte mit Basso continuo, 2 Sätzen für 2 Flöten mit Bass sowie dem vorliegenden „ECHOS“ für Flöte solo. Unsere Ausgabe des „ECHOS“ gibt den im sog. französischen Violinschlüssel (g’ auf der untersten Notenlinie) stehenden Originaltext von 1708 im heute geläufigen Violinschlüssel und um eine kleine Terz von G-Dur nach B-Dur nach oben transponiert unverändert wieder.

Im „Avertissement“ erklärt Hotteterre zunächst ausdrücklich, dass diese Stücke, wenngleich sie für die Querflöte komponiert sind, sich ebenso für andere Melodieinstrumente wie Blockflöte, Oboe, Violine, Diskantgambe usw. eignen. Für die Ausführung auf der (Alt)blockflöte empfiehlt er die damals übliche Transposition um eine kleine Terz nach oben. Weiterhin erklärt er, dass er für eine geschmackvolle und richtige Aufführung nach Möglichkeit an den wesentlichsten Stellen die Verzierungen angegeben habe und er es nicht versäumen wolle, an dieser Stelle noch einige Hinweise zu geben, die nicht nur diesen Stücken, sondern auch allen anderen, die für die Flöte geeignet sind, dienen können:

• Auf fast allen langen Noten sind „Flattements“ zu machen, die wie die „Tremblements“ (Triller) und „Battements“ (Mordente) entsprechend dem Zeitmaß und dem Charakter des Satzes langsamer oder schneller auszuführen sind. Ein „Flattement“ ist eine dem Vibrato ähnliche Bebung des Tones, die jedoch nicht durch das Zwerchfell erzeugt wird, sondern durch die Finger: unterhalb des tonangebenden, bedeckten Griffloches führt man an dem nächst offenen Griffloch mit dem Finger eine Trillerbewegung aus, bei der jedoch nicht das ganze Griffloch bedeckt und geöffnet wird, sondern vom Rand her nur eine kleinerer oder größerer Teil desselben. Hierdurch entsteht, je nach Geschwindigkeit und Deckungsstärke des Griffloches eine kleinere oder größere periodische Vertiefung des gespielten Tones, die als Bebung wirkt. Einen ähnlichen Effekt - allerdings ohne die Feinheiten der variablen Vertiefungen des gespielten Tones - kann man erzielen, wenn man unterhalb des tonangebenden, bedeckten Griffloches mehr als ein Griffloch frei lässt und ein folgendes durch Trillerbewegung komplett öffnet und schließt.

• Bei fast allen absteigenden Terzen ist ein „Coulement“ auszuführen. Hierdurch wird der Intervallsprung durch eine Durchgangsnote ausgefüllt, die unbetont vor der Zählzeit des unteren Terztones gespielt und an diesen gebunden wird.

• Ein „Tremblement“ (Triller) wird als „Double Cadence“ (Triller mit Nachschlag) ausgeführt, wenn der folgende Ton eine Stufe aufsteigt.

• „Tremblements“ (Triller) werden auf allen „diezis accidentes“ (durch ein # erhöhte Notenwerte) ausgeführt, außer bei sehr kurzen Notenwerten. Die entsprechenden Töne sind von Hotteterre mit einem + oder x markiert.

• Auch der „Port de voix“ ist an fast allen Stellen angegeben, bei denen er ausgeführt werden muss. Es ist ein Vorhalt von unten, der betont auf dem Schlag gespielt wird. Ihm folgt fast immer ein „Battement“ (Mordent) auf dem notierten Hauptton.

• Man kann kaum sämtliche Stellen bezeichnen, an denen der „Accent“ verwendet werden soll. Diesen Sekundnachschlag nach oben bindet man gewöhnlich an das äußerste Ende einer punktierten Viertelnote, wenn ihr eine Achtelnote gleicher Tonhöhe folgt. Diese Spieltechnik, die von der Sackpfeife (Dudelsack) stammt, bei der eine Tonrepetition durch wiederholten Zungenstoß ja nicht möglich ist, hat sich in Frankreich durch die in der höfischen Musik des 18. Jahrhunderts beliebten „Musette de Cour“, einer kleinen Sackpfeife, etabliert.

Weiter schreibt Hotteterre, diese Regeln zur Ausführung seien notwendig zum Verständnis der Stücke und er hoffe, dass man bei sorgfältiger Beachtung dieser Anweisungen dahin gelange, diese Stücke sowie viele andere im rechten Sinn zu spielen, da diese Regeln allgemein gültig seien. Abschließend verweist er auf sein Lehrbuch „Principes de la Flûte traversière, ou Flûte d’Allemagne, de la Flûte à bec, ou Flûte douce, et du Haut-Bois..., Paris 1707“, das neben rein handwerklichen Anweisungen auch ausführliche Erklärungen und Darstellungen zur Interpretation der französischen Musik seiner Zeit enthält. Sein „Avertissement“ schließt Hotteterre mit der folgenden Verzierungstabelle (die übrigens auch als kleine Melodie spielbar ist):
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