Klangbeispiel:
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MVB 27: Henry Purcell: „Fantazia F-Dur“

Purcells „Fantazia F-Dur“ ist die herrliche teils virtuose Chaconne „Three Parts upon a Ground“, eine kunstvolle und zugleich mitreißende Komposition. Technisch nicht ganz einfach, aber äußerst wirkungsvoll. Sie liegt hier in einer Fassung für 3 Altblockflöten und Bassblockflöte vor. Mit komplettem 8-seitigen Faksimile.
Es spielen: Mélanie Flahaut, Jean-François Novelli und Jean Tubéry (Blockflöten) François Joubert-Caillet (Viola da Gamba) und Matthias Spaeter (Theorbe).
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Vorwort
Nachdem in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts religiöse und politische Wirren der Puritaner das kulturelle Leben Englands erlahmen ließen, wurden mit der Wiederkehr eines Monarchen aus dem Hause Stuart die kulturellen Pforten zum Kontinent geöffnet. Karl II, der damals 30jährige Sohn des von Oliver CRomwell hingerichteten Karl I, wurde aus dem französischen Exil bei seinem vetter Ludwig XIV, dem „Sonnenkönig“ geholt und vom Parlament als Herrscher eingesetzt. Karls Erlebnisse am Versailler Hof hatten nicht nur die gesellschaftspolitischen, sondern auch die sittlichen und kulturellen Vorstellungen des neuen, lebenslustigen und wohl recht sinnlich veranlagten Königs geprägt. Musikalische Unterhaltungsformen, die er auf dem Festland kennen gelernt hatte, sollten nun auch am englischen Hof eingeführt werden. Erstklassige Musiker und Komponisten wurden zu diesem Zweck in den königlichen Dienst berufen: u.a. Henry Cooke, John Blow, Matthew Locke, Pelham Humfrey und - etwas später - Henry Purcell.

Pelham Humfrey wurde gar im Auftrag seiner Majestät zu musikalischen Studien nach Frankreich und Italien geschickt und prägte nach seiner Rückkehr den gesamten höfischen Musikstil, insbesondere aber auch die Musik seines Meisterschülers Henry Purcell (1659-1695). Die Kompositionen Purcells bildeten in den wenigen Jahren seines Schaffens einen Höhepunkt der frühen englischen Musik. Es gelang ihm dabei, in seinen Werken den französischen Stil und den venezianischen Einfluss in national-englischer Umprägung zu vereinigen.

Die vorliegende Ausgabe „Three Parts upon a Ground“ von Henry Purcell basiert auf der beigefügten Handschrift eines zeitgenössischen Kopisten, die sich im britischen Museum in London unter der Signatur „Royal Music MS20.h.9“ befindet.

Das Original ist für Violinen geschrieben und steht in D-Dur, doch bereits der vollständige Titel „Three parts upon a Ground play’d 2 notes higher for F(lutes)“ weist auf die Möglichkeit der Transposition um eine kleine Terz nach oben für die (common) flute, die Altblockflöte in f’. Tatsächlich existiert eine Handschrift von Purcell selbst mit den Anfangstakten der zweiten Stimme in F-Dur. Für Thurston Dart (Gesamtausgabe der Werke Henry Purcells, Volume 31, London 1959) ist die Komposition unzweifelhaft ursprünglich für Blockflöten geschrieben.

Beispielhaft zeigen sich die Einflüsse italienischer Musik und ihr Verschmelzen mit der englischen. Vom Typ her handelt es sich um eine italienische Chaconne, wie sie sich etwa seit Frescobaldi ausgebildet hatte. Sie grenzt sich von der Passacaglia durch Auftaktlosigkeit, Durtonalität, ungeraden Takt und streng durchgeführten Ostinato ab. Purcell schließt an die seit dem 16. Jahrhundert in England verbreitete und beliebte Kompositionsform des „Ground“ an. Dabei bezieht sich die Bezeichnung „Ground“ auf den Ground Bass, einen Basso ostinato, also ein immer wiederkehrendes Bassmotiv, welches in England aber nicht auf die tiefste Stimme beschränkt ist, sondern, wie auch in unserem Fall, durchaus auch in den oberen Stimmen auftaucht. Typisch englisch ist auch die Dominanz der Melodie gegenüber dem Zusammenklang. So sind die entstehenden Dissonanzen z.B. von [h mit b] in Takt 1 oder von [e mit es] in Takt 18 aus der Melodieführung, nämlich dem Gang zur kleinen Ober- bzw. Untersekunde zu erklären und müssen natürlich auch so gespielt werden.

Artikulationsangaben (Bögen) der Handschrift wurden übernommen, sollten aber, als Legatobögen aufgefasst, überdacht werden. Weitere hinzu gefügte Bögen sind durch gepunktete Linien gekennzeichnet.

Sämtliche Taktwechsel der Handschrift wurden übernommen. Offensichtliche Schreibfehler in der Vorlage sind an den im Editionsbericht aufgeführten Stellen berichtigt. Zusätze des Herausgebers stehen über den Noten.

Die Bezeichnung „Fantazia“ wurde von der o.a. Gesamtausgabe der Werke Henry Purcells übernommen.
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