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MVB 71: J. J. Quantz: „Fantasien und Capricen“ für Altblockflöte

Die Handschrift eines Kopisten des späten 18. Jahrhunderts vereinigt ein- und zweistimmige „Fantasier og Preludier & Capricier og andre Stykker til Øvelse for Flöyten of Quantz“. Unter diesem Titel liegt in der königlichen Bibliothek Kopenhagen eine umfangreiche Sammlung großartiger und anspruchsvoller Sätze. Quantz schrieb diese Sätze vermutlich zunächst zu Übungszwecken. Tatsächlich entpuppen sie sich aber als wahre musikalische Schätze. In zwei prall gefüllten Bänden liegen nun diese fantastischen Stücke vor. Dabei konnte der Herausgeber im Sommer 2002 zwei verlorengegangen geglaubte Seiten der Handschrift wieder auffinden. Deren Musik wird jetzt zum ersten Mal neu veröffentlicht (MVB71, Nr. 58 Thema und Var. 1 - 8).
MVB 71: J. J. Quantz: „Fantasien und Capricen“ für Altblockflöte
MVB 72: J. J. Quantz: „Fantasien und Capricen“ für Alt- und Bassblockflöte
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Vorwort
In der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen befindet sich unter der Signatur mu 6310.0860 (Gieddes Samling I, 17) ein 59 Seiten umfassendes Manuskript mit dem Titel „Fantasier og Preludier & Capricier og andre Stykker til Øvelse for Flöyten of Quantz“. Der Duktus der großen und deutlichen Schrift lässt auf eine Kopistenhandschrift des 18. Jahrhunderts schließen. Über dem ersten Satz ist als Besetzungsangabe „per il Flauto Traverso“ vermerkt, was für sämtliche Sätze zutrifft. Bei den zweistimmigen Sätzen ist die zweite Stimme (im Bass-Schlüssel) als unbefifferter Bass anzusehen.

Bereits 1980 haben Winfried Michel und Hermien Teske eine sehr gewissenhafte Gesamtausgabe in den Originaltonarten unter dem Titel „Quantz Capricen“ herausgegeben (Amadeus, BP 2050). Die Nummerierung in dieser Ausgabe stimmt mit der Reihenfolge der Handschrift weitgehend überein (lediglich die Nummern 51 - 53 müssten eigentlich 53, 51, 52 lauten). Es fehlen jedoch bei Nr. 58 das originale Thema sowie die Variationen 1 bis 8. Die Herausgeber bemerken hierzu: „... fehlen zwischen den Seiten 54 und 55 der Handschrift sehr wahrscheinlich zwei Seiten, welche das Thema und die acht Variationen enthielten, die der vorhandenen 9. und 10. Variation vorausgegangen sein müssen.“

Die Sätze sind einerseits hervorragende Etüden, an denen sich fast alle technischen Probleme sowohl der Querflöten- aber auch der Blockflötenliteratur des Spätbarock studieren lassen, andererseits stellen sie zum Teil zugleich echte musikalische Schätze dar. Daher bietet sich auch eine Veröffentlichung für die Blockflöte an, die hier in zwei Bänden erfolgt: MVB 71 beinhaltet sämtliche Solostücke, die auf der Altblockflöte (sinnvoll) spielbar sind; MVB 72 umfasst die zweistimmigen Sätze komplett für die Besetzung Altblockflöte und Bassblockflöte. In beiden Ausgaben folgt die Numerierung der Amadeus-Gesamtausgabe.

In den Ausgaben für Blockflöte sind die Sätze um eine kleine Terz nach oben transponiert. Ausnahmen: Nr. 19 und 42 stehen in der Originaltonart; die Nummern 18, 29-32, 38 und 40 wurden um eine gr. Sekunde, die Nummern 14 und 39 um eine gr. Terz, die Nummern 13, 28 und 37 um eine Quart noch oben transponiert. Die beiden in der Amadeus-Ausgabe vermissten Seiten habe ich inzwischen in o. a. Bibliothek finden können. Sie sind in dieser Ausgabe (MVB 71) auch enthalten (Nr. 58). Wie Michel/Teske richtig vermuteten, handelt es sich bei dem Thema um eine Abwandlung des „Menuet l'inconu“ aus dem „1. RECUEIL DE PIECES ... Par M. Blavet ...“ (Facsimile bei Edition Aug. Zurfluh, Paris).

Eingriffe in den Notentext der Handschrift wurden strikt unterlassen. So folgen auch Artikulationszeichen, dynamische Angaben, Bindungen oder Balkensetzung genau dem Original. Inkonsequente Schreibweisen bei „Parallelstellen“ wurden bewusst übernommen. Der Spieler mag selbst entscheiden, ob es sich im Einzelfall lediglich um ein schludriges Schreiben handelt oder ob durch unterschiedliche Notation ganz bewusste eine unterschiedliche Ausführung gefordert wird. Maßstab wird schlussendlich das überzeugendere klangliche Ergebnis sein. Hinzugefügt wurden lediglich Taktzahlen. Korrekturen oder Ergänzungen des Herausgebers sind kenntlich gemacht.

Bei den zweistimmigen Sätzen (MVB 72) bietet sich für die Ausführung der zweiten Stimme eigentlich ein Violoncello (mit Cembalo) an. Eine Bassblockflöte klingt aber m.E. durchaus gut und wird deshalb hier vorgeschlagen. Da die Bassblockflöte eine Oktave über dem Cello liegt, wurden einige Passagen nach unten oktaviert werden, damit die Bass-Stimme nicht über die Melodiestimme gerät (in kleineren Noten geschrieben; die großen Noten sind die originalen). Dem Spielspaß tut dies jedoch in keiner Weise einen Abbruch.
Preface
In the royal library in Copenhagen there is, under the reference number mu 6310.0860 (Gieddes Samling I, 17) a 59 page manuscript bearing the title „Fantasier og Preludier & Capricier og andre Stykker til Øvelse for Flöyten of Quantz“. The large and clear style of the handwriting seems to point to the work of a music copyist of the eighteenth century. The indication „per il Flauto Traverso“ over the first movement could actually be applied to all the other movements as well. In the two part movements, the second voice (written in bass clef) is to be regarded as an unfigured bass line.

Already in 1980 Winfried Michel and Hermien Teske published a complete edition in the original keys with the title „Quantz Capricen“ (Amadeus, BP 2050). The numbering of this edition coincides with order in the original manuscript to a great extent (Nr. 51-53 should actually be refered to as 53, 51, 52). In Nr. 58 however the original theme and variations 1 to 8 are missing. The publishers pointed out that „... two pages are most likely missing between pages 54 and 55 of the manuscript, with the theme and first eight variations, which must have preceded variations 9 and 10.“

The movements are on the one hand excellent studies for the mastering of nearly all technical problems of the traverse flute as well as the recorder in the late baroque period. On the other they are simply wonderful musical treasures. It makes sense then to publish an edition for the recorder comprising two volumes: MVB 71 contains all the solo pieces which make sense to play on the alto recorder. MVB 72 covers the complete two part movements for the combination alto and bass recorder. Both volumes use the same numbering system as the Amadeus complete edition.

The pieces in this edition for recorder have been transposed up a minor third with a few exceptions: Nr. 19 and 42 are in the original key, numbers 18, 29-32, 38 and 40 have been transposed up a major second, number 14 and 39 a major third and the numbers 13, 28 and 37 a perfect fourth upwards. I have been able to recover the two missing pages in the above mentioned library. They have been included in this edition (MVB 71) as Nr. 58. As Michel and Teske rightly surmise the theme is nearly the „Menuet l'inconu“ from the „1. RECUEIL DE PIECES ... Par M. Blavet ...“ (Facsimile at Edition Zurfluh, Paris).

Changes to the original notes of the manuscript have been strictly avoided. The articulation, dynamics, slurs and the grouping of the beams (eighths and sixteenths) follow exactly those of the original. Inconsistencies in writing in parallel sections have been conciously carried over. The player alone is left to decide in some passages whether it is just a matter of sloppy handwriting or a concious decision for a certain performance practice. In the end it will be therefor a matter of taste. Only bar numbers have been added to the score. Any corrections by the editor have been clearly indicated.

For performance purposes in the two part movements a cello (with cembalo) probably is meant. In my opinion a bass recorder sounds good and it is therefore suggested here. Since the bass recorder sounds an octave higher than notated, some passages had to been transposed down an octave so that the bass part doesn't sound higher than the melody voice. The original notes have been printed larger, the transposed ones smaller. You will have fun playing the pieces anyway.
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